Kein Mitverschulden des Linksabbiegers bei grob fahrlässigem Verhalten des Unfallgegners

Wer sich ordnungsgemäß links einordnet und abbiegt, haftet nicht für einen Auffahrunfall, den ein von hinten kommender Autofahrer verursacht, der sich besonders grob verkehrswidrig verhält. Darauf weisen die Verkehrsrechtsanwälte im Deutschen Anwaltverein (DAV) hin. Sie geben dabei ein Urteil des Landgerichts Erfurt vom 24. November 2006 an (Aktenzeichen: 10 O 1309/05).

Ein Traktorfahrer wollte links abbiegen. Hinter ihm hatte sich eine Kolonne von ca. 20 Fahrzeugen gebildet. Ein Autofahrer hatte die Kolonne auf der Gegenfahrbahn links überholt, an einer Verkehrsinsel vorbei, ohne vor einem Überholverbot in die Kolonne wieder einzuscheren. Als der Traktor hinter der Verkehrsinsel links abbog, stieß der Autofahrer mit dem Traktor zusammen.

Der Autofahrer war der Meinung, dass den Traktorfahrer ein Mitverschulden an dem Unfall traf. Das Landgericht Erfurt war anderer Ansicht.

Zwar habe ein Linksabbieger eine besondere Sorgfaltspflicht für den rückwärtigen Verkehr. So treffe ihn eine doppelte Rückschaupflicht, und dies auch an Stellen mit Überholverbot. Diese doppelte Rückschaupflicht entfalle aber in Fällen, in denen die Gefährdung des rückwärtigen Verkehrs technisch unmöglich oder das Verhalten des Unfallgegners besonders grob verkehrswidrig sei.

Der Autofahrer habe die Kolonne auf der Gegenfahrbahn innerhalb des Überholverbots und unter Umfahrung einer Verkehrsinsel überholt. Dies sei grob verkehrswidrig und damit entfalle eine Mithaftung des Traktorfahrers.

©Verkehrsrechts-Anwälte im Deutschen Anwaltverein

Scroll to Top