45. Deutscher Verkehrsgerichtstag: Sanktionen bei Verkehrs- Ordnungswidrigkeiten

Höhere Bußgeldsätze bei Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr führen nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) zu einer Benachteiligung des wirtschaftlich schwächeren Teils der Bevölkerung. Den wirtschaftlich stärkeren Teil lässt dies mehr oder weniger unberührt. Höhere Bußgeldsätze würden zudem zu einer stärkeren Belastung der Justiz durch mehr Verfahren und einem erhöhten Begründungszwang der Urteile führen. Parallel überlegt der Gesetzgeber, die Überprüfung der gerichtlichen Entscheidungen einzuschränken. Gerade aber wenn den Betroffenen finanziell erhebliche Einschnitte zugemutet werden sollen, muss es weiterhin die Möglichkeit geben, Entscheidungen überprüfen zu lassen.

»Vor dem Hintergrund jährlich weiter sinkender Unfallzahlen erscheinen die geplanten Maßnahmen nicht gerechtfertigt,« so Rechtsanwalt Hartmut Roth, Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV. Eine leichte Anhebung der Geldbußen scheine allenfalls vor dem Hintergrund eines Inflationsausgleichs gerechtfertigt. Dementsprechend sei aber auch die Punkte-Eintragungsgrenze nach oben zu korrigieren.

Eine drastische Erhöhung der Bußgelder wird immer mit dem europäischen Vergleich begründet. Tatsächlich ist das Bußgeldniveau in der Bundesrepublik im Rahmen der Europäischen Union niedrig. Dabei wird aber oft übersehen, dass Deutschland im europäischen Vergleich an einer der vorderen Stellen bei der Intensität der Verkehrsüberwachung steht. Auch das in Deutschland einzigartigen Punktesystem habe eine größere abschreckende Wirkung als einfache Geldbußen.

Durch höhere Bußgelder kommt eine stärkere Belastung auf die Justiz zu. In der Regel werden sich Betroffene verstärkt dagegen wehren. Hinzu kommt, dass die Urteile besser begründet werden müssen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen müssen stärker geprüft werden. Von einer Entlastung der Justiz kann daher nicht die Rede sein.

Auch gerichtliche Entscheidungen müssen weiter überprüfbar bleiben, fordern die Verkehrsrechtsanwälte des DAV. Die Möglichkeit, Entscheidungen der Amtsrichter in Ordnungswidrigkeitenverfahren im Rechtsmittelverfahren überprüfen zu lassen, ist bereits jetzt sehr eingeschränkt. Nur bei Geldbußen über 250,00 EUR ist die Rechtsbeschwerde möglich. Die Kontrolle gerichtlicher Entscheidungen soll nun weiter erschwert werden, wie aus einem Gesetzentwurf der Länder Bayern, Nordrhein-Westfalen, Thüringen etc hervorgeht, der inzwischen im Bundestag beraten wird. Nach diesem Entwurf soll die Grenze von 250,00 EUR auf 500,00 EUR angehoben werden.

»Die Staatsanwaltschaft soll gestärkt und der Bürger geschwächt werden«, so Roth. So solle bei Verhängung von Fahrverboten von einem und zwei Monaten kein Rechtsmittel für den Bürger mehr möglich sein. Umgekehrt solle die Staatsanwaltschaft in jedem Fall Rechtsbeschwerde einlegen können, wenn kein Fahrverbot verhängt werde. »Dies bedeutet die faktische Abschaffung des Rechtsmittels nur für den Bürger«, erläutert Roth. Damit werde das gesamte Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht von der Möglichkeit ausgeschlossen, amtsgerichtliche Urteile überprüfen zu lassen. Gerechtigkeit müsse aber vor Sparzwang gehen.

©Verkehrsanwälte im Deutschen Anwaltverein

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