Erste Erfahrungen: Lexus GS450h

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Die Potenz der zwei Herzen: Wenn man neue Technologien nicht nur bauen, sondern auch verkaufen will, muss sich der Nutzwert auf vergnügliche Art erschließen. Die deutsche Autoindustrie liefert dazu seit mehr als zwanzig Jahren den Beweis. Während sich der sparsame, aber asketische 3-Liter-Lupo von VW nur in homöopathischen Dosen an den Mann bringen ließ, gingen die leistungsstarken TDIs weg wie warme Semmeln, weil sie zur Tugend der relativen Sparsamkeit noch Fahrspaß durch Mehrleistung packten.

Auf den gleichen Effekt setzt Lexus beim Hybrid. Während der Prius von der Konzernmutter Toyota als Hightech-Ökoauto daher kommt und seine Käufer mit einem guten Gewissen und inneren Werten beglückt, prescht der Lexus GS450h als Power-Limousine mit 345 PS vom Hof. Fortschritt auf leisen Sohlen: Im Gewand einer gehobenen Limousine mit untadeligem Benehmen tarnt sich ein Sportler, der in nur 5,9 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h sprintet, dabei aber kaum einen Laut von sich gibt und obendrein knauserig mit Treibstoff umgeht. Nur 7,9 Liter Super konsumiert die erste Hybridlimousine mit Heckantrieb im Schnitt und schafft damit, zumindest den Werksangaben nach, quasi die Quadratur des Kreises: Hohe Leistung setzte bislang auch einen hohen Energieeinsatz in Form von Treibstoff voraus. Bei zügiger Überlandfahrt bis hin zur Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h zeigte der Bordcomputer des Lexus bei ersten Probefahrten Werte um 11 Liter an. Vergleichbar starke Wettbewerber liegen bei dieser Fahrweise deutlich darüber.

Lexus setzt beim GS450h die dritte Generation des Hybridantriebs ein. Die Erste treibt den Prius, die Zweite kommt im RX400h zum Einsatz. Erstmals wurde im GS nun Hybrid mit Heckantrieb gekoppelt. Das System der Leistungsverzweigung über Planetenräder, die ein herkömmliches Getriebe überflüssig machen, behielt Lexus bei. Allerdings fallen die Komponenten kleiner aus und die mögliche Drehzahl des Elektromotors, maßgeblich für die Höchstgeschwindigkeit, wurde auf über 13.000 erhöht. Nebenbei kommt beim V6-Verbrennungsmotor eine kombinierte Einspritztechnik aus direkter und indirekter Kraftstoffzuführung zum Einsatz: Der V6 verbrennt effektiver und sauberer und muss sich auch bei vollem Tempo nicht sehr mühen. In Kombination mit dem E-Motor ergeben sich souveräne Fahrleistungen. Vor allem bei Zwischensprints zeigt sich das Potential des Antriebs. Auch potente Achtzylinder haben Mühe, der GS450h zu folgen, wenn der Fahrer das Pedal durchtritt. Etwas gewöhnungsbedürftig ist die akustische Zurückhaltung des Antriebs. Der Sechszylinder dreht kaum hörbar hoch, was fehlt, ist Wohlklang. Im Bestreben, den Fahrer mit nichts Störendem zu behelligen, ging dem Wagen auch jeglicher akustische Sex-Appeal verloren. Der fulminante Sprint erfährt akustisch keine adäquate Rückmeldung. Wo wir gerade bei den Kritikpunkten sind: Mit nur 280 Litern Volumen ist der Kofferraum zu klein für diese Autoklasse. Der zusätzliche technische Aufwand, namentlich für die Batterien, fordert hier seinen Tribut. Damit die Stromquellen crashsicher verpackt sind, wurden sie hinter die Rücksitzlehne montiert. Der Platz fehlt jetzt fürs Gepäck.

Angemessen ist die Serienausstattung des GS450h. Die Japaner verkaufen den Hybrid nur in der Exekutiv- oder als Luxury-Variante. Schon das Standardmodell hat fast alles außer einem Navigationssystem, dem Abstandsregeltempomat und Pre-Crash Safety serienmäßig an Bord. Im Luxury gehört dieses dazu. Die Preise beginnen bei 57.600 Euro, der Luxury kostet glatte 66.000 Euro. Im ersten Verkaufsjahr sollen 300 Einheiten an den Kunden gebracht werden, was nicht ganz ein Drittel der GS-Verkäufe in Deutschland wären.

Text: Günter Weigel

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