„Die Formel 1 ist nicht mein Ding“

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Rallye-Weltmeister Petter Solberg fährt finanziell in einer anderen Liga als Schumi und Co.

Sie tragen beide den gleichen Titel, nämlich den eines Weltmeisters. Es verbindet sie die gemeinsame Liebe zum Motorsport und vielleicht auch noch die Tatsache, dass der eine seinen Winterurlaub stets im Heimatland des anderen verbringt. Ansonsten aber? Zwischen dem sechsfachen Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher und Rallye-Champion Petter Solberg, der von Donnerstag bis Sonntag dieser Woche gemeinsam mit den weltbesten Quertreibern seine Visitenkarte beim deutschen WM-Lauf abgeben wird, liegen Welten. Finanziell sowieso und was den organisatorischen Aufwand angeht, ebenfalls. Nur in einem Fall haben die Rallyesportler ein einziges Mal die Nase vorn: Fast annähernd 300.000 Zuschauer werden an den drei Tagen in den Mosel-Weinbergen und auf dem angrenzenden US-Truppenübungsplatz Baumholder erwartet. Diese zahlen für ein Super-Sparticket mit Eintritt zu allen Wertungsprüfungen, Rucksack, Kartenmaterial und Regencape 60 Euro. Von solchen Zahlen kann die Königsklasse bei Eintrittspreisen bis zu 400 Euro (ohne Regencape!) nur träumen.

Sein Stern ging erst im vergangenen Jahr auf: Petter Solberg, 29 Jahre alt, Norweger, ausgebildeter Tanzlehrer (Standard und Latein), Spitzname Hollywood. 2003 wurde der Mann aus dem Land der Fjorde im Subaru Impreza World Rallye Car erstmals Weltmeister und steht nun gemeinsam in einer virtuellen Ahnengalerie mit einem Walter Röhrl oder einem Tommi Mäkinen. Dass er es einmal auf sechs WM-Titel wie sein deutscher Kollege aus der Formel 1 schaffen wird, ist eher unwahrscheinlich. Genau so unwahrscheinlich wie die Tatsache, dass sich die beiden Weltmeister auch pekuniär irgendwie annähern könnten. Der Kerpener, der schon Ende August in Spa vom sechs- zum siebenfachen Weltmeister mutieren kann (und wahrscheinlich auch wird) stieß nach dem WM-Gewinn im vergangenen Jahr, der ihn aus dem Schatten des legendären Juan Manuel Fangio treten ließ, in ungeahnte Dimensionen vor. Mehr als 100 Millionen Euro soll der Jahresverdienst von Schumi inklusive sämtlicher Werbeverträge mittlerweile betragen. Subaru gibt zwar keine offiziellen Zahlen bekannt, doch die Entlohnung des Champions durch seinen Arbeitgeber liegt bei weitem nicht im siebenstelligen Bereich. Hinzu kommen Zuwendungen von ein paar Teilezulieferern, deren Logo auf dem Einsatzgefährt des Norwegers zu sehen ist, aber auch diese Beträge sind im Vergleich zur Formel 1 eher marginal.

Den gegenseitigen Sympathiebekundungen der Herren Schumacher und Solberg war diese Tatsache aber offensichtlich nicht abträglich. Um die Weihnachtszeit nahm Schumacher, der den Winter meist zum Akku-Aufladen in der Einsamkeit der norwegischen Wälder verbringt, als Co-Pilot im Subaru Impreza WRC Platz und absolvierte eine 26 Kilometer lange Testfahrt mit dem Norweger. Bei der offiziellen WM-Titelübergabe der FIA im Dezember 2003 hatten die beiden diesen Termin miteinander ausgemacht. Michael kam für drei Stunden vorbei und hat es wirklich genossen. Er wollte alles, von der Abstimmung bis hin zu meiner Fahrtechnik, wissen. Das Problem war nur, dass ich mir über meinen Fahrstil eigentlich keine Gedanken mache. Ich fahre einfach drauflos, sagte Solberg.

Bleibt die Frage, wann der Wikinger im Gegenzug mal einen Ferrari-Boliden testen wird. Abgesprochen, so erzählt Solberg auf seiner Homepage, sei nichts. Sollte das Angebot jedoch irgendwann einmal kommen, werde er sich nicht dagegen wehren. Aber der Mann aus dem hohen Norden gesteht auch: Ehrlich gesagt habe ich gar keine Ahnung wie man so ein Monoposto fährt. 1996 hat mir Renault einmal ein Angebot gemacht, doch damals begann meine Rallye-Karriere gerade. Und außerdem: Rallye fahren mag ich lieber. Die Formel 1 ist nicht so sehr mein Ding. Falscher Neid kommt also gar nicht erst auf.

Text: Jürgen C. Braun

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